Dr. Günther Heinicke wurde 1951 in Hof a.d. Saale geboren.
Studium der Rechtswissenschaften an der LMU München/FU Berlin
Mehrere Semester Philosophie, Politologie und Kriminologie
wissenschaftlicher Assistent an der Universität München
1. juristisches Staatsexamen
Referendariat in Hof a.d. Saale
Promotion
Rechtsanwalt in der väterlichen Kanzlei Dr. Heinicke&Merkel
Kanzlei Koch & Dr. Tscheuschner München
selbständiger Rechtsanwalt mit den Schwerpunkten:
Straf-, Miet-, Verkehrs- und Baurecht
Vertrauensanwalt der Centralvereinigung Deutscher Wirtschaftsverbände f. Handelsvermittlung und Vertrieb e.V.
Kanzleigründung und Sozietät mit Lutz Eggebrecht
Heinicke, Eggebrecht, Ossenforth & Kollegen
Der Apfel fällt nicht weit vom Stamm, so lautet ein ebenso bekanntes wie fragwürdiges Sprichwort. Denn was in der Flora eine Selbstverständlichkeit ist, das muss in der menschlichen Gesellschaft beileibe nicht immer zutreffen, wie die meisten Biografien zeigen. Im Fall Dr. Günther Heinicke allerdings verhält es sich genau so. Er, Anwalt und Mit-Namensgeber einer renommierten Kanzlei in München, viel gefragter Ratgeber für Vertriebsrecht, er ist Spross einer alten Juristenfamilie. Schon der Großvater war Amtsrichter in Thüringen, sein Vater Anwalt in Hof, der erst mit 84 Jahren seine Tätigkeit beendete, weil ihm sein Beruf so viel Spaß gemacht hat. Und Günther Heinicke? Derart vorgeprägt, konnte auch er sich der Anziehungskraft der Rechtswissenschaften nicht verschließen, ebenso wenig wie seine zwei Brüder, die ebenfalls diesen Weg einschlugen.
Also immatrikulierte sich Heinicke nach dem Abitur im Jahr 1970 an der Ludwig-Maximilians-Universität in München im Studienfach Jura. Nach einem kurzen Gastspiel an der Freien Universität in Berlin schloss er schließlich 1975 sein Studium mit dem ersten Staatsexamen ab. Es folgte eine Assistententätigkeit bei Professor Claus Roxin, dem bekannten Strafrechtler in München. An diese Zeit hat Heinicke beste Erinnerungen – und vieles für seine spätere Tätigkeit daraus mitgenommen. Beispielsweise die stets wiederkehrende Forderung Roxins, schwierige Sachverhalte möglichst klar und tunlichst so zu formulieren, dass sie auch die Putzfrau versteht, weil dies zeige, dass man sie selbst verstanden habe. Schon in dieser Zeit begann er an seiner Promotion zu arbeiten, die er über die Jahre hinweg zu einem 500-seitigen Grundlagenwerk über die Stellung des Strafverteidigers ausbaute und 1984 abschloss.
Schon lang vorher begann er als selbstständig tätiger Anwalt zu wirken, zunächst in der Kanzlei seines Vaters in Hof, in der er verschiedene Rechtsgebiete betreute, es ihm aber bald zu eng wurde. So landete er zunächst in einer Münchener Kanzlei mit Schwerpunkt Immobilien, in der er sowohl für privat- als auch für strafrechtliche Fälle zuständig war. Im Jahre 1984 stellte er sich auf eigene Beine und begründete drei Jahre später mit seinem Partner Lutz Eggebrecht die Sozietät, aus der bis zum heutigen Tag die Kanzlei Dr. Heinicke, Eggebrecht, Ossenforth & Kollegen geworden ist, in der zurzeit fünf Anwälte, davon vier Partner tätig sind.
Nach den Anfangsgründen, als Heinicke noch sehr umfassend tätig war – breit aufgestellt, wie man in der Fachsprache sagt –, kristallisierte sich immer stärker der heutige Schwerpunkt der Kanzlei, nämlich das Handels- und Vertriebsrecht, heraus. Dies bewirkten sich intensivierende Kontakte mit dem Centralvereinigung Deutscher Wirtschaftsverbände für Handelsvermittlung und Vertrieb (CDH), die dafür verantwortlich sind, dass der weit überwiegende Teil aller Fälle in der Kanzlei Auseinandersetzungen von Handels- und zunehmend auch Versicherungsvertreter mit den von ihnen vertretenen Unternehmen betreffen. Schon 1986 hat der CDH ihn als Vertrauensanwalt benannt. Er selbst hat sich auf die Vertretung von Versicherungsmaklern spezialisiert. Um auf diesem Felde seine Mandanten auch optimal betreuen zu können, hat er die Kurse absolviert, die ihn als Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht ausweisen.
Der Apfel fällt nicht weit vom Stamm - im Fall des Günther Heinicke trifft dieses Sprichwort ins Schwarze.
Generell aber gilt für Heinicke: Eine mittelständische Kanzlei wie die seine muss beides beherrschen, die Alltagsfälle, das Brot- und Buttergeschäft sozusagen, dann aber durch eine tiefgehende Spezialisierung auch jene Fälle, die ein ganz besonderes Know-how abverlangen. So ist beispielsweise ein Kollege mit Schwerpunkt Beitreibung tätig, er bearbeitet das Forderungsmanagement für die Deutsche Bahn im Immobilienbereich und für die Stadt München. Heinicke selbst hat in letzter Zeit eine Reihe von Gesellschaftsverträgen ausgearbeitet, beispielsweise wenn sich Vertreter zu einer Vertretungsgesellschaft zusammenschließen wollen. Zudem hält er Vorträge zu diesem Thema und bei alledem hat sich die Zusatzqualifikation als Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht bezahlt gemacht, weil sie ein tiefes Eindringen in die Materie mit sich gebracht hat.
Wie seine Klienten von diesem Spezialwissen profitieren können, zeigt ein Fall, in dem eine Versicherung ihren Agenten vorgeschlagen hatte, gemeinsam eine GmbH zu gründen. Heinicke aber hat davon abgeraten, weil diese Rechtsform für kleine und mittlere Unternehmen nicht gerade die günstigste ist. Zum einen, weil eine mögliche Trennung der Beteiligten schwierig ist und zum anderen, weil eine erfolgsabhängige Provisionsverteilung im Rahmen einer GmbH nicht möglich ist. Und schließlich gibt es auch noch steuerliche Nachteile zu vermerken. Prinzipiell gilt es in einem solchen Fall, die Interessenslage der Mandanten zu erkunden und die Verträge darauf abzustellen.
Der zweite Schwerpunkt im Arbeitsleben von Günther Heinicke sind die mannigfachen Auseinandersetzungen von Handels- und Versicherungsvertretern mit den von ihnen vertretenen Unternehmen, wobei es häufig um Kündigungen der einen oder anderen Seite und ihren Folgen geht. Ein Beispiel: Ein Vertriebsleiter einer Firma, die technische Geräte produzierte, hatte beste Beziehungen zu Kunden im früheren Ostblock, was sich in beachtlichen Umsätzen niederschlug. Später machte er sich als Handelsvertreter selbstständig und war weiterhin auf Provisionsbasis für das Unternehmen tätig. Als er 65 Jahre alt wurde, hat ihn die Firma gekündigt. In dem ziemlich alten Vertrag stand eine Wettbewerbsklausel, die mit der neueren Gesetzeslage nicht im Einklang stand.
Neben dem Segeln gehört die Oper, genauso wie die Philosophie, zu Heinickes großen Leidenschaften.
Die knifflige Frage war nun, wie diese Klausel zu werten ist, werden einzelne Teile durch die veränderte Gesetzeslage überholt, findet eine automatisch Anpassung statt oder ist sie gänzlich unwirksam? Wiewohl die Meinung in der Literatur dazu nicht einhellig war, setzte sich Heinicke für seinen Klienten in erster Instanz durch. Die Berufung zum OLG wurde dann seitens des Unternehmens zurückgezogen, der Vertreter konnte die in erster Instanz zugesprochenen 500 000 Euro Wettbewerbsentschädigung kassieren, weil die Wettbewerbsklausel ihm seine Tätigkeit als Handelsvertreter in der Branche auf zwei Jahre untersagt hatte.
Auch ein Strukturwandel im Bereich der Handelsvertreter schlägt sich in der Mandantschaft der Kanzlei nieder. Der klassische Handelsvertreter, so Heinicke, befindet sich auf dem Rückzug, er mutiert vor allem im Lebensmittelbereich zu einem Dienstleister, der außer der Warenlieferung noch eine Reihe anderer Aufgaben erfüllt, wie beispielsweise das Auffüllen der Regale etc. Dies bringt auch für Heinicke neue Sachverhalte mit sich, auf die es sich einzustellen gilt. Ebenso die Tatsache, dass so mancher Vertrag völlig unsinnige Wettbewerbsklauseln enthält, wie der eines Bekleidungsvertreters, dem man untersagt hat, den Einzelhändlern mehr als eine Jeansmarke anzubieten. Obwohl allerorts bekannt sein müsste, dass ein Vertreter, der nicht drei oder vier gefragte Marken anbieten kann, einen wesentlichen Wettbewerbsnachteil hat.
Ein weiteres Feld von Heinickes Tätigkeit ist die Betreuung von Maklern. Ein typischer Fall: Ein Versicherungsagent macht sich selbstständig und sucht die Anbindung an einen Makler. Er findet sie und bringt seinen Kundenstamm dort ein. Nach einiger Zeit stellt man fest, dass eine weitere Zusammenarbeit nicht möglich ist. Der ehemalige Versicherungsvertreter will sich nun als Makler selbstständig machen, natürlich wiederum mit seinem Kundenstamm. Also geht es um die Rückübertragung, die oftmals zu Auseinandersetzungen bis hin zu Gerichtsverfahren führt.
Bleibt bei all den vielfältigen Aufgaben und Tätigkeiten – Heinicke ist auch noch im Beraterpool des Bundes der Selbständigen Deutscher Gewerbeverband aktiv – noch Zeit fürs Private? Doch, sagt Heinicke, vor allem für die Familie und für sein Hobby, das Segeln. Ein Jahr ohne einen Segeltörn in Griechenland, Kroatien oder in der Karibik kann er sich schlecht vorstellen. Auch ein Opernabonnement gehört zu seiner Freizeitgestaltung, ebenso wie die Beschäftigung mit der Philosophie, vor allem mit Kant und Schopenhauer. Mit dem Reiten wird’s schon schwierig. Mit etwas Wehmut denkt Heinicke an frühere Jahre, als die Familie noch zwei eigene Pferde hatte. Heute reicht die Zeit nur noch für gelegentliche Ausritte.
Sehr wahrscheinlich ist, dass die Juristen-Familientradition mit seiner Person endet. Denn weder Sohn Andreas, der vor allem technisches Interesse zeigt, noch Tochter Julia, die Geschichte und Politische Wissenschaften studiert und einmal Journalistin werden will, werden wohl in seine Fußstapfen treten. Aber auch das ist ein Umstand, der ihn gelassen in die Zukunft blicken lässt, von der er sich beruflich noch eine stärkere Internationalisierung wünscht, zum Beispiel in Richtung China, wo er schon mit einer Delegation des CDH unterwegs war. Dies obwohl die Kanzlei bereits seit vielen Jahren ein Netz von kooperierenden Kanzleien im In- und Ausland unterhält, an die man Mandanten bei Bedarf weiterleiten kann.
Das aus meiner Sicht größte Ärgernis im Justizalltag ist das Erlebnis nach intensiver schriftsätzlicher Vorbereitung eines Prozesses im Termin auf einen nur unzulänglich vorbereiteten Richter zu treffen, mit Fragen konfrontiert zu sein, die in den Schriftsätzen längst beantwortet sind und dann den Vorschlag entgegennehmen zu müssen, sich doch auf Hälftebasis zu vergleichen, garniert mit der Bemerkung bei Fortsetzung des Verfahrens käme sowieso nicht mehr heraus und würden nur zusätzliche Kosten entstehen. Glücklicherweise kann man allerdings nicht sagen, dass ein solches Verhalten die Regel sei.
Das von mir am meisten ersehnte Gesetz ist die Einräumung einer Beschwerdemöglichkeit zum Bundesgerichtshof gegen Beschlüsse von Berufungsgerichten, mit denen die Berufung nach § 522 Abs. 2 ZPO als offenkundig unbegründet zurückgewiesen werden kann. Die Handhabung dieser Vorschrift, die mit der Justizreform zur Entlastung der Gerichte eingeführt wurde, hat bereits zu kritischen Anmerkungen auch von Richtern am Bundesgerichtshof geführt, dem auf diese Weise die Kontrolle durchaus interessanter und einheitlich zu klärender Rechtsfragen schon entzogen wurde. Von dieser Vorschrift wird in den einzelnen Bundeslängern unterschiedlich stark Gebrauch gemacht. So werden in Baden Württemberg 22,4 % aller Fälle nach § 522 ZPO entschieden, während es in Bayern 51 % sind. Dies erscheint aus Rechtsschutzgesichtspunkten nicht hinnehmbar.
Unsinnige und fehlformulierte gesetzliche Vorschriften finden sich in allen Rechtsgebieten in großer Zahl. Ein aktuelles Beispiel:
Nach § 5 Abs. 1 des alten GmbHG muss die Stammeinlage jedes Gesellschafters mindestens € 100,00 betragen. Nach dem Gesetz über die Modernisierung des Gesellschaftsrechts (Momig), Inkrafttreten zum 01.11.2008, ist nicht mehr von Stammeinlage die Rede, sondern nunmehr davon, dass der Nennbetrag jedes Geschäftsanteils auf volle EUR lauten muss, so dass auch Geschäftsanteile über einen EUR möglich sind. § 5 Abs. 3 bestimmte für die bei Neugründung einer GmbH zu erbringenden Stammeinlagen:
Der Gesamtbetrag der Stammeinlagen muss mit dem Stammkapital übereinstimmen. Das Momig hat aus dieser Vorschrift, die verhindern soll, dass der Gesamtbetrag der Stammeinlagen das Stammkapital nicht erreicht in § 5 Abs. 3 Satz 2 nunmehr das Wort Stammeinlage schlicht durch „Summe der Nennbeträge“ übersetzt und die Vorschrift gebildet „die Summe der Nennbeträge aller Geschäftsanteile muss mit dem Stammkapital übereinstimmen“. Übersehen wird dabei, dass es in einem Fall um die, bei Neugründung zu leistenden Stammeinlagen geht, in anderem Fall lediglich um die Nennbeträge, mit denen das Verhältnis zwischen den Geschäftsanteilen bei der Berechtigung am Gesamtstammkapital bestimmt wird.
Nach der neuen Vorschrift könnte weder die in § 34 Abs. 1 geregelte Einziehung von Geschäftsanteilen erfolgen, weil damit Geschäftsanteile vernichtet werden, so daß die Summe der Nennbeträge nicht mehr mit dem Stammkapital übereinstimmt, noch eine Herabsetzung des Stammkapitals, welches nach § 58 grundsätzlich zulässig ist, sofern das Mindeststammkapital von € 25 000 nicht unterschritten wird; denn auch hier ändert sich das Verhältnis der Nennbeträge zum verbleibenden Stammkapital. Die Vorschrift soll durch Einsatz eines Rechtsreferendars im Justizministeriums zur sprachlichen Glättung des Gesetzestextes zustande gekommen sein.